Corona Nights Hamburg dokumentiert das Leere Hamburg im Lockdown. Eine sehr gute Idee. Denn so etwas wie diese Corona-Pandemie hat es noch nie gegeben. Da wir unser Hamburg meist nur geschäftig, belebt und teils überfüllt kenne, vor allem die Straßen, war der Anblick im 1. Lockdown März/April krass und absolut ungewöhnlich. Corona Nights Hamburg bildet genau diesen Anblick, diesen Zustand ab.
Es sind beeindruckende Bilder von Hamburgs markanten Orten und Straßen in der Pandemie. Alle Bilder sind – so der Titel ja auch – nachts geschossen. Wenige in der Dämmerung. Man könnte daher bemängeln, dass die Bilder dieser leere Straßen und Orte noch nicht coronaspezifisch sind. Denn auch wenn man montags gegen 4.37 Uhr durch im Dunkeln durch die Stadt zieht, sieht man keine Autos und keine Menschen auf den Straßen. Die Dramatik der Bilder dieses Bildbandes wirkt nur, weil man weiß, dass Lockdown ist, dass die Corona-Krise im Frühjahr 2020 alles runtergefahren hatte, die Menschen es mit der Angst bekamen und überall der Aufruf Stay at home zu hören und zu lesen war.
Die Ästhetik der Leere einer geschäftigen Metropole
Es begann mit einem Social Media Post: Auf Instagram teilte ein Ureinwohner St. Paulis mit, er habe den Kiez noch nie so leer gesehen. Für den Hamburger Fotografen Tim Oehler der Impuls, sich die Kamera zu schnappen und diese Leere in ihrer surrealen Ästhetik zu dokumentieren. Nächtelang begab er sich von Mitte März bis in die ersten Aprilwochen auf Motivsuche und bewegte sich dabei in allen Himmelsrichtungen durch die Stadt. Zum Flughafen im Norden, zum Horner Kreisel im Osten, die Elbchaussee entlang Richtung Westen. Überall herrschte absolute Stille, minutenlang keine Menschen, keine Autos. Und wo sonst auch in der Nacht das Leben pulsiert, waren auf einmal Langzeitbelichtungen möglich – auf den Ausfallstraßen, entlang der Magistralen, auf den weiten Plätzen und an den touristischen Hotspots der Hansestadt. In diesem Bildband trägt Tim Oehler, seit langen Jahren fotografischer Dokumentarist der Nacht, nun die besten Aufnahmen seiner Bilderreise durch das stillgelegte Hamburg während der historischen Ausnahmezeit im Frühjahr 2020 zusammen. Fremd und vertraut zugleich, fügen sich die Bilder des mehrwöchigen Lockdowns und der Abwesenheit jeder urbanen Mobilität zu einem Stadtporträt von bizarrer Schönheit, das in vergleichbarer Form wohl nie wieder zu fotografieren sein wird. Corona Nights Hamburg!
Tim Oehler ist Inhaber einer Werbeagentur, hat in den 1990er Jahren in Hamburg eine Ausbildung zum Fotografen absolviert und die Kamera seitdem nie zur Seite gelegt.
“Ich stellte mir die Frage, wie es wohl auf den Hauptverkehrsstraßen Hamburgs im Lockdown aussehen wird: Amsinckstraße, Billhorner Brückendeich, Kieler Straße, Horner Kreisel und so weiter. Auch da herrschte absolute Stille und minutenlang keine Autos. Langzeitbelichtungen wurden unproblematisch möglich. Zu den sonst stark benutzen Straßen, kamen Orte, die sonst für viele Menschen geeignet sind und die ich fotografierte. Vom Schwimmbad, über Konzertsäle und Kinos, bis hin zu Stadien und Casinos. Überall gähnende Leere. Die Stadt sah aus wie das Miniaturwunderland.”
Corona Nights Hamburg
Buch hier kaufen
von Tim Oehler
208 Seiten, Junius Verlag (1. September 2020)
ISBN 3960605331
Gebundenes Buch 39,90 Euro
P.S.: Ihr kennt Andreas Bilder von der Herbertstraße im 1. Lockdown? Die Fotos sind tagsüber entstanden und gehören natürlich nicht zu den Corona Nights!